Was Sie schon immer über Dry Aged Steaks wissen wollten

Das Geheimnis des Dry Aged Beefs

Es versetzt Fleischliebhaber in Erregung: Dry Aged Beef, das trocken abgehangene Rind, liefert die besten Steaks der Welt. In den USA sind die am Knochen gereiften Rinderrücken schon seit Jahrzehnten Kult. Die Trockenreifung des Fleisches, das sogenannte Dry Aging, ist das älteste Verfahren der Fleischreifung. Hierbei wir das Fleisch am Knochen über einen gewissen Zeitraum bei kontrollierter Temperatur und Luftfeuchtigkeit abgehängt. Trockengereift, wie man so schön sagt. Die Trockenreifung war bis in die 70er-Jahre des 20. Jahrhunderts die vorherrschende Art der Fleischreifung. Dabei wird das Fleisch in einer Kühlkammer aufgehängt und unverpackt gereift. Oft werden ganze Teilstücke „am Knochen“ gereift. Die Fleischreifung beim Rind sollte mindestens 18 am besten aber 30-45 Tage dauern und bei einer Temperatur von 2-5 °C sowie einer Luftfeuchtigkeit von 80-85 % Stattfinden. Das Fleisch verliert dabei Flüssigkeit und bekommt eine trockene „Rinde“. Diese braunen, angetrockneten Endstücke müssen später pariert bzw. getrimmt werden. Bis das Fleisch dann zubereitet werden kann, hat es bis zu 40 % seines ursprünglichen Gewichtes verloren. Dies erklärt, warum trockengereifte Fleischstücke im Handel wesentlich teurer sind als die herkömmlichen nassgereiften. Durch die Verdunstung des im Fleisch eingelagerten Wassers bekommt das Dry-Aged-Beef einen intensiven, aromatischen Geschmack.

Die Reifebedingungen müssen stimmen

Ideale Bedingungen bietet die Dry Aged Trockenreifung bei ca. 60 Prozent Luftfeuchtigkeit am Knochen für 28 bis 35 Tage bei Rib Eye und Roastbeef, beim Filet reichen vierzehn Tage, bevor es vom Knochen gelöst wird. Dabei sollte Umluft von ca. 0,5 bis 2,5 m/sec erzeugt werden, bei einer Lagertemperatur um den Gefrierpunkt. Würde man ein Filet ebenfalls 28 Tage am Knochen trocken reifen lassen, hätte man ein extrem trockenes, nach Schinken schmeckendes Stück Fleisch, was geschmacklich selbst für den Profi sehr gewöhnungsbedürftig wäre. Das zeitaufwendige Verfahren und ein Gewichtsverlust von bis zu 40 Prozent erklären, warum Dry Aged Beef so teuer ist.

Die Carnothek in der Steakschaft - in dieser Salzreifekammer werden die Steaks veredelt

Ludwigs Carnothek, hier reifen die Steaks schonen am Knochen in der Salzreifekammer

Ein Duft, der lockt und abstößt

Nach einiger Zeit bildet sich im Kühlhaus ein Duft, der Steakliebhaber schwärmen lässt. Es riecht nach Schinken, nach Moschus, frisch gebackenem Hefezopf, Raureif und verschwitzten Wollsocken, alles gleichzeitig. Das Dry Aged Fleisch ist schwarz wie Blutwurst und hart wie Brotkruste, darüber wuchert ein feiner Flaum aus Schimmel. Durch Dry Aged Trockenreifung verdunsten große Mengen Fleischsaft, die Rinderrücken schrumpeln zusammen. Vor dem Verkauf müssen unsere Metzger die äußere Schicht Fleisch wegschneiden, weil sie durch die Luft hart, schimmelig und ungenießbar geworden ist. Ein Rinderrücken kann während der Dry Aged Trockenreifung bis zu über einem Drittel seines Gewichts einbüßen.

Der Geschmack entwickelt sich

Die Dry Aged Trockenreifung dient der Entwicklung des Geschmacks, und nicht wie häufig behauptet, der Zartheit des Fleisches, Während die Textur des Fleisches sich nach etwa zehn Reifetagen nicht mehr verändert, gewinnt der Geschmack durch die Enzymaktivitäten im Fleisch weiterhin. Aber nach etwa vier Wochen ist auch da Schluss, denn der Geschmack wird dann einfach nicht mehr besser.



Die Auswahl der Rinderrasse entscheidet über den Erfolg

Das Dry Aged Verfahren ist relativ simpel, jedoch steckt auch hier der nachhaltige Erfolg im Detail. Wichtig ist die Vorauswahl der Rinderrasse. Viele prestigeträchtige Rassen wie Charolais oder Limousine wurden im 19. Jahrhundert für die Zucht ausgewählt. Und zwar wegen der großen Mengen Fleisch, die sie geben, nicht aber wegen ihrer Fleischqualität. Zum Kurzbraten etwa für Steaks sind sie also eher ungeeignet – vor allem im Verglich zu Rinderrasen, die deutlich weniger schnell wachsen und eine nicht so opulente Fleischfülle erlangen, dafür jedoch eine andere Marmorierung und Geschmacksausprägung erzielen.

Enzyme machen das Fleisch zart

Wenn ein Tier stirbt und der Stoffwechsel aufhört, kommt es in den Muskeln zu einem Mangel an Adenosintriphosphat(ATP). Ohne Adenosintriphosphat verharren die Muskelproteine in einer starren Bindung. Das Fleisch ist zäh und trocken. Die Zartheit kommt erst mit der Zeit. Denn in den Muskeln befindet sich noch Glykogen, eine Kohlenhydratverbindung, die als Energiereserve dient. Dieses Glykogen wird mithilfe von Sauerstoff zu Milchsäure umgewandelt. Bei lebenden Rindern baut der Blutkreislauf die Säure ab. Ist das Tier tot, bleibt sie in den Muskeln. Durch die Säuerung des Fleisches werden Enzyme aktiviert, die sogenannte Proteasen. Sie spalten die starren Verbindungen zwischen den Muskelproteinen und machen das Fleisch schließlich zart.

Dry Aged Beef ist ein traditionelles Reifeverfahren

Das Trockenreifen des Fleisches am Knochen ist ganz und gar nicht neu, sondern traditionell, nur leicht in Vergessenheit geraten. Eine alte Handwerkskunst, die in meinem Lehrbetrieb in Schlitz im Vogelsberg gängige Praxis war. Durch die Erfahrungen in meiner Ausbildung, durch den ständigen Austausch mit den besten Züchtern, Metzgerkollegen und Köchen weltweit sowie durch eigenes Experimentieren vergrößert sich unser Erfahrungsschatz in der Dry Aging Fleischreifung von Tag zu Tag.



Das Fleisch zuhause richtig behandeln

Es ist jedoch auch wichtig, dass der Kunde das trockengereifte Fleisch zu Hause richtig behandelt. Vor dem Braten sollten die Steaks unbedingt ein bis zwei Stunden bei Zimmertemperatur ruhen. Mindestens zwei Finger hoch sollten die Fleischstücke schon sein, denn ein dünner Lappen ist schnell totgebraten. Bei der Erhitzung in einer Eisen oder Edelstahlpfanne sollte man Butterschmalz verwenden. das Fleisch bei hoher Hitze von jeder Seite eine Minute anbraten, es sollte dann eine rehbraune Kruste haben. Unmittelbar nach dem Herausnehmen in leicht schäumende Butter legen und damit übergießen. Das gibt der Kruste den letzten Kick. Nach dem Anbraten sollte das Steak noch für etwa fünf bis zehn Minuten in den Ofen – bei 120 Grad Ober-/Unterhitze. Vor dem Servieren, dass Dry Aged Steak bitte noch fünf Minuten ruhen lassen. Ich empfehle, das Fleisch zunächst garnicht zu würzen. Ich würde es zunächt einmal pur probieren, um den natürlichen und ganz eigenen Geschmack zur Geltung kommen zu lassen – und bei Bedarf allenfalls etwas Murray River Gourmet Salt Flakes und Mélange Noir von Ingo Holland drüberstreuen und genießen.

Testen Sie die Dry Aged Steaks in unserem Onlineshop!


Zusammenfassung:

Dry Aged Steaks sind die besten Steaks der Welt. Traditionelles Reifeverfahren von Rindfleisch am Knochen. Reifebedingungen 21 bis 28 Tage, bei 60% Luftfeuchtigkeit und ein Grad Temperatur. Fleisch verändert seinen Geschmack durch enzymatische Aktivitäten im Muskel.

Wichtige Parameter beim Dry Aging

Temperatur:

• Das Optimum liegt bei 2-3 °C. Je höher die Temperatur, desto mehr bilden sich Aromamoleküle durch erhöhte Enzymaktivität und oxidative Reaktionen. Gleichzeitig steigt das Risiko, dass Mikroben das Fleisch verderben. Temperaturen über 4 °C sind nicht empfohlen.
• Je tiefer die Temperatur ist, desto länger ist der Reifevorgang, und desto, mehr Austrocknung findet statt. Das bedeutet mehr Verschnitt, aber auch mehr Konzentration der vorhandenen Aromen.

Feuchtigkeit:

• 85% relative Luftfeuchte gilt als Optimum. Je höher die Luftfeuchtigkeit, desto höher die Wahrscheinlichkeit einer mikrobiellen Kontamination. Ist die Luftfeuchtigkeit sogar so hoch, dass Wasser am Fleisch kondensiert, sind Sie in Schwierigkeiten. Ist die Luftfeuchtigkeit zu niedrig, trocknet das Fleisch beim Reifen stark aus.
• Aus diesem Grund werden in Reifekammern traditionell Salzblöcke zur Feuchtigkeitsregulation verwendet. Kochsalz ist enorm Hygroskopisch, es kann sehr gut Wasser aus der Luft ziehen. Andererseits kann das Salzwasser in Bezug auf die technischen Komponenten sehr aggressiv wirken. In einem modernen klimatisierten Reifeschrank, wie dem DRY AGER sind Salzblöcke nicht mehr nötig, die intelligenten Steuermechanismen haben die Luftfeuchtigkeit auch so im Griff

Reifezeit:

• Typischen Reifezeiten betragen um die 4 Wochen. Nach 2-3 Wochen wird allerdings die Zartheit nicht weiter gesteigert, der Geschmack jedoch weiter intensiviert. Nach oben ist die Reifezeit quasi unbegrenzt. Reine Reifung über 6 Monate und mehr ist möglich, dabei tritt aber mehr Verlust durch Abschnitte auf, da das Fleisch von außen immer weiter austrocknet. Auch ist der dann doch sehr intensive Geschmack beileibe nicht mehr jedermanns Sache. In asiatischen Ländern erfreut sich solch extrem gereiftes Fleisch jedoch als Delikatesse hoher Beliebtheit.

Worauf ist beim Dry Aging zu achten:

Die Reifezelle ist zum Reifen von Rindfleisch da und sollte ausschließlich dafür genutzt werden. Sie ist kein Sammelkühlhaus für andere Lebensmittel. In der ersten Woche sollte das Fleisch, in den meisten Fällen Rückenstränge mit Knochen und Filet, nach Möglichkeit hängend gelagert werden und zwar mit dem Filet nach unten. So sind die Kapillare der Knochen nach unten ausgerichtet und der Knochen trocknet schnell an, ohne dass die Gefahr von Verderb besteht. Die Rücken können bis zum Ende ihrer Reifezeit hängend gelagert werden, aus Platzgründen ist es aber oft nicht anders möglich, als sie nach dem Antrocknen in Regalen zu lagern. Egal für welche Form man sich entscheidet, stets gilt, die Luftzirkulation in der Reifezelle kann nicht mehrere strategisch angeordnete Lüfter, die im Kreislauf für einen umwälzenden Luftstrom sorgen. Die Temperatur sollte knapp über dem Gefrierpunkt liegen, je wärmer, desto schneller reift das Fleisch. Bei niedrigen Temperaturen um 2 °C ist es auch möglich, das Rindfleisch bis zu 3 Monate zu reifen, ohne dass es verdirbt. Wenn diese beiden Parameter stimmen, sollte man noch auf die Beleuchtung achten. Das vom Tageslicht oder Neonröhren stammende UV-Licht bewirkt, ähnlich wie bei einer Kartoffel, das Auskeimen. Im Fall der Rinderrücken bedeutet dies, dass sich ein Edelschimmel ausbreiten würde.

In den vereinigten Staaten ist das so selbstverständlich wie in Frankreich der Schimmel auf dem Käse. In Deutschland jedoch tut man gut daran, die Reifung ohne Schimmel zu bewältigen. Grundsätzlich sollte man aber nicht in Panik ausbrechen, wenn es doch einmal zu leichter Schimmelbildung kommt. Mikrobiologische Untersuchungen haben bestätigt, dass dieser Schimmel gesundheitlich völlig unbedenklich ist. Trotz alledem sollte dies kein Freifahrtschein sein. Jeder der eine Trockenreifung betreibt, sollte hin und wieder eine Stichprobe mikrobiologisch untersuchen lassen. Außerdem sollte er sich diese Untersuchung erklären lassen, um sicherzugehen, dass das Fleisch unbedenklich zu genießen ist.


Diese Themenbereiche könnten Sie ebenfalls interessieren:

Ratgeber | Rindfleisch selbst reifen: So gehts

Ratgeber | Selbstreifen von Fleisch im Reifekühlschrank

Ratgeber | Dry Aged Beef - Reifung und Zubereitung


Über den Autor:

Fleischermeister Dirk Ludwig aus Schlüchtern

Dirk Ludwig ist Fleischermeister und Experte für Fleischverdelung

Aufgewachsen ist Dirk Ludwig im osthessischen Luftkurort Schlüchtern(*1974), wo er schon früh die Leidenschaft für das Unternehmertum für sich entdeckte. Von der Bergwinkelstadt Schlüchtern ging es in den Vogelsberg zur Berufsausbildung als Fleischer nach Schlitz. Daran schloss sich die Ausbildung zum Fleischermeister und Betriebswirt des Handwerks an. Danach folgte in Nürnberg die Ausbildung zum REFA-Experten. Im Jahr 2016 gehörte Dirk Ludwig als Teilnehmer zum ersten Deutschen Lehrgang zum Fleischsommelier in Augsburg. Inzwischen lehrt Dirk Ludwig selbst an der Fachschule des Bayrischen Metzgerhandwerks in der Fuggerstadt.

Filter
In absteigender Reihenfolge

17 Artikel

pro Seite
Filter
In absteigender Reihenfolge

17 Artikel

pro Seite