Frankfurter Fleischwurst

Kulinaria – Geschichte – Literaria

Frankfurter Vorläufer

Historisch gesehen, gehen Frankfurter Fleischwurst und Frankfurter Würtschen, einigen Unterschieden zum Trotz, auf gleiche Vorläufer zurück: Die Frankfurter „Brat“-wurst. Schließlich bedeutete Pradt, Brat, Pret oder Brät wortgeschichtlich nichts anderes als Fleisch, später auch gehacktes Fleisch. Die Ausdrücke um den Wortstamm „Brat“ sind die älteren. So ist Bratwurst wohl auch die – viel – ältere Wurst. Zur Brühwurst im heutigen Sinne entwickelten sich die „Brat“-würste, als die Schweinemetzger begannen, das gehackte oder geklopfte „Brät“ oder Fleisch mit Wasser abzureiben. Bald hieß nur noch die auf diese Weise entstandene bindige Wurstmasse „Brat“ oder „Brät“, wenn man von dem Wort Wildpret absieht. In ihm ist die ursprüngliche Bedeutung des Wortes noch enthalte. Um des Geschmackes willen, mehr noch der Haltbarkeit wegen, wurde das in Därme abgefüllte Brät geräuchert und gebrüht. Inzwischen trennen Materialzusammenstellung und Würzung, Kaliber und Räucherverfahren beide Wurstsorten.

Französische Verwandschaft

Die Frankfurter Fleischwurst ist ein typischer Vertreter der südhessischen Wurstlandschaft und der Frankfurter Wurstkultur. Sie enthält fast ausschließlich Schweinefleisch und Speck sowie Kalbfleisch und grobentsehntes Fleisch junger Rinder. Frankfurts Fleischer bevorzugen das Fleisch von Jungbullen. Es bindet gut, macht „zahrt“ und saftig. In Konsistenz, Biß und Geschmack ähnelt Frankfurter Fleischwurst der aus Frankreich „eingewanderten“ Lyoner und der Pariser Fleischwurst. Folgerichtig ordnet das Deutsche Lebensmittelbuch alle drei Wurstsorten in die gleiche Gruppe der Leitsätze ein.



Verwandte in Nordhessen

Was den Kasselanern ihre „heiße Kochworschd“, das ist den Frankfurter ihre „haaß Flaaschworschd“, allerdings nicht ganz. Beide „Werschde“ sind Brühwürste aus fein zerkleinertem Brät, gefüllt in Kranzdärme und zu Kringeln abgebunden, heißgeräuchert und gebrüht. Beide werden „vor Ort“ am Stück gegessen und wegen ihre Eigenschaften geschätzt. Doch ist die „Kochworschd“ in Kassel als einheimische Spezialität konkurrenzlos, die „Flaaschworschd“ liegt in Frankfurt im Wettstreit um die Gunst der Verbraucher mit anderen Brühwurst-Spezialitäten. Die Palette reicht von der kernig-kräftigen Rindswurst über die rauchknackigen Würstchen und die saftige-zarte Fleischwurst bis zur zart-milden Gelbwurst. Gutes für jeden Geschmack. Die Kasseler Kochwurst ist durch ihren Anteil an sehnenreichem oder nur grob entsehntem Rindfleisch kerniger, kräftiger, fleischiger als ihre südhessische Verwandte, die Fleischwurst.

Was ein richtiger Frankfurter ist,

Der ißt „sei Flaaschworschd gans un zwaa Ende“. Trotzdem ist er kein Vielfraß. Er ißt die ganze Fleischwurst mit ihren zwei Zipfeln, anders ausgedrückt: „Das korze Stiggelcher zwischen de Zibbel“.


Über den Autor:

Fleischermeister Dirk Ludwig aus Schlüchtern

Dirk Ludwig ist Fleischermeister und Experte für Fleischverdelung

Aufgewachsen ist Dirk Ludwig im osthessischen Luftkurort Schlüchtern(*1974), wo er schon früh die Leidenschaft für das Unternehmertum für sich entdeckte. Von der Bergwinkelstadt Schlüchtern ging es in den Vogelsberg zur Berufsausbildung als Fleischer nach Schlitz. Daran schloss sich die Ausbildung zum Fleischermeister und Betriebswirt des Handwerks an. Danach folgte in Nürnberg die Ausbildung zum REFA-Experten. Im Jahr 2016 gehörte Dirk Ludwig als Teilnehmer zum ersten Deutschen Lehrgang zum Fleischsommelier in Augsburg. Inzwischen lehrt Dirk Ludwig selbst an der Fachschule des Bayrischen Metzgerhandwerks in der Fuggerstadt.

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